Zithern: Formarten
Andreas Michel
Aus entwicklungslogischer Sicht bestehen hauptsächlich zwei Möglichkeiten, das Scheitholtkorpus höheren musikalischen Anforderungen anzupassen: 1. eine Analogiebildung zum Korpus von Gitarren oder Zistern und 2. eine Anlehnung an das Gestaltungsprinzip von querbesaiteten Tasteninstrumenten (Spinett, Clavichord), bei der die Korpusausbuchtung auf die dem Spieler abgewandte Seite verlagert wird. Für den erstgenannten Typ hat sich die Bezeichnung "Mittenwalder" Form, für den letzteren "Salzburger" (auch "Halleiner" oder "Pinzgauer") Form eingebürgert.
Zither-Formarten; aus: Michel 1995, S.30f.
Ende
18. Jahrhundert
Anfang
19. Jahrhundert
Mitte
19. Jahrhundert
Ende 19. / Anfang
20. Jahrhundert
Über die genetische Verwandtschaft der Mittenwalder Zitherform mit den historischen Halschordophonen fehlen bislang schlüssige Quellen. Hypothetisch darf aber eine Adaption angenommen werden. In der Sammlung des Leipziger Musikinstrumenten-Museums befinden sich drei Zithern aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts (Inv.-Nr. 435, 442, 443), die sehr ausgeprägt mögliche Verwandtschaften zeigen. Alle drei Instrumente besitzen einen symmetrischen Korpusumriß, der bei Inv.-Nr. 435 zisternförmig, bei Nr. 443 gitarrenförmig und bei Nr. 442 lyragitarrenförmig ausgearbeitet ist. Mit der Gitarre haben sie auch den vorderständige Knüpfsteg - man beachte den für die beiden Instrumente von Franz Kren typischen Riegelschweif - und das korpusmittige Schalloch gemeinsam.
Gegenüber dem Zithertyp mit ausgebauchtem symmetrischem Korpus hat sich letztendlich in mehreren Schritten der asymmetrische ("Salzburger") Formtyp durchgesetzt, wobei zunächst dessen Herkunft vom Scheitholt durch den relativ unorganischen Anbau sogenannter "Oktävchen" kaum verborgen bleibt. Die Schlagzithern der Salzburger Form mit einer helmartigen Volute lösen dieses Konstruktionsproblem. Neben der intuitiven Proportionierung des Korpus lassen sich Einflüsse des kunsthandwerklichen Instrumentenbaus feststellen. Die dargestellten Korpusumrisse zeigen typische Gestaltungsvarianten in der Entwicklung des Salzburger Zithertyps.
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© STUDIA INSTRUMENTORUM MUSICAE 1998